
Zwingenberg. Sie kämpfte gegen die Todesstrafe und endete auf dem Schafott. Ihre „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ wurde zur Grundlage für die Einführung des Frauenwahlrechts in Europa – später. Olympe de Gouges war eine mutige, kämpferische, aber wenig diplomatische Frau, die wenig für sich selbst erreichte, aber umso mehr für die Rechte aller Frauen.
Namensgeberin für Preis
Am vergangenen Sonntag gedachte die Zwingenberger SPD der 1748 in Südfrankreich geborenen Revolutionärin, Frauenrechtlerin und Schriftstellerin bei einem im Café „Schoko und Wein“ am Zwingenberger Marktplatz organisierten Weltfrauentags-Frühstück. Dr. Regina Nethe-Jaenchen, Fraktionsvorsitzende des SPD-Ortsvereins und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (AsF) Bergstraße, stellte mit ihrem Vortrag auch die Namensgeberin des von der AsF Hessen-Süd verliehenen Olympe-de-Gouges-Preises zur Würdigung des Einsatzes für die Gleichberechtigung der Geschlechter vor:
Erzwungene Ehe
Olympe de Gouges wuchs als wohl uneheliches Kind in einer südfranzösischen Metzgersfamilie auf. Sie wurde zu einer ausgesprochen schönen Frau, die sehr jung und gegen ihren Willen an einen mittellosen Koch verheiratete wurde, der dank ihrer Mitgift eine Gastwirtschaft eröffnen konnte. Der Mann verstarb als Olympe de Gouges 18 Jahre alt war. Aus der Ehe mit dem ihr verhassten Mann war ein Sohn hervorgegangen, mit dem die eigentlich als Marie Gouze geborenene Witwe Marie Aubry sich um 1768 in Paris unter dem Namen Olympe de Gouges niederließ – der Name kann als Reminiszenz an ihre Mutter Anne-Olympe und Abwandlung des Geburtsnamens Gouze verstanden werden.
Scheinmoral angeprangert
In Paris lebte sie unverheiratet als Lebensgefährtin des wohlhabenden Adligen Jacques Biétrix de Rozière, der ihr das Leben einer gut situierten Bürgerin finanzierte. Heiraten wollte Olympe de Gouges jedoch nicht mehr, für sie bedeutete die Ehe den Tod der Liebe. Sie forderte im Gegenteil ausdrücklich das Recht auf freie Wahl des Sexualpartners, das Recht auf Scheidung und an Stelle eines Ehevertrags einen Gesellschaftsvertrag zwischen Mann und Frau – unter anderem in ihren autobiografisch inspirierten Briefroman „Memoiren der Madame Valmont“, der 1786 erschien und die Scheinmoral der Gesellschaft auch in der Kritik der Behandlung von unverheirateten Müttern und ihren „Bastardkindern“ anprangerte.
Schwierigkeiten eingehandelt
Kenntnisse im Schreiben und Lesen, die Kultivierung der französischen Sprache und eine umfassende Bildung hatte sich Olympe de Gouges wohl nach ihrer Ankunft in Paris im Selbststudium erarbeitet, unter anderem durch den Besuch von literarischen Salons, intellektuellen Zirkeln und politischen Clubs. Schon seit 1774 verfasste sie politische Schriften wie etwa eine Denkschrift gegen die Sklaverei in den Kolonien, die jedoch erst nach 1789 veröffentlicht wurde. Zu ihren zahlreichen Texten gehörte auch ein Theaterstück, das die Autorin 1785 bei der Comédie Française einreichte und in dem sie ebenfalls die Sklaverei kritisierte. Das brisante Thema brachte ihr jahrelange Schwierigkeiten ein, bis das Stück im Dezember 1789 Premiere hatte, nach einem inszenierten Skandal aber bald vom Spielplan abgesetzt wurde.
Viele ihrer Schriften publizierte Olympe de Gouges selbst, jedoch wurden auch viele Manuskripte nach ihrer Hinrichtung vernichtet. Ihre politischen Gedanken kreisten unter anderem auch um die Möglichkeit von Luxussteuern und die Notwendigkeit der Bildung für alle Schichten. Die bis heute bedeutendste Schrift dürfte jedoch die an die Erklärung der Menschenrechte angelehnte Frauenrechtsdeklaration sein, die sie in Analogie zur Menschenrechtsdeklaration, die dem König gewidmet war, der unbeliebten Marie-Antoinette widmete. Ein ungeschickter Schachzug, wie Dr. Regina Nethe-Jaenchen erklärte, jedoch typisch für Olympe de Gouges spontane, leichtsinnige und auch witzige Art, mit der sie zum Beispiel auch forderte: „Wenn die Frauen aufs Schafott dürfen, dann dürfen sie auch auf die Rednertribüne“.
Heftige Töne
Politisch stand die Autorin in Gegnerschaft zu Marat und Robespierre und schlug dabei heftige, zum Teil beleidigende Töne an, verteidigte den König und warnte vor seiner Hinrichtung. Als Sympathisantin der Girondisten schwächte deren Sturz auch ihre Position.
Ihr Ende besiegelte jedoch das von ihr im Juli 1793 veröffentlichte Pamphlet „Die drei Urnen oder das Wohl des Vaterlandes“. Darin schlug sie eine Volksbefragung zu drei möglichen Regierungsformen vor – einheitliche republikanische Regierung, föderative Regierung oder Monarchie. Das wurde ihr als monarchistische Propaganda ausgelegt – und darauf stand die Todesstrafe. Im Alter von 45 Jahren wurde Olympe de Gouges am Nachmittag des 3. Dezember 1793 hingerichtet.
© Bergsträßer Anzeiger, Mittwoch, 11.03.2015
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