Bei der Beurteilung des Ergebnisses der Zwingenberger Magistratswahl vom 14. April kommen Kommunalaufsicht und Hessischer Städte und Gemeindebund (HSGB) zu dem Ergebnis, dass die Inanspruchnahme der Mehrheitsklausel (§ 22 Absatz 4 KWG) nicht zu beanstanden sei. Der gemeinsame Wahlvorschlag von CDU und FDP erhält damit 4 der 6 Magistratssitze, der von SPD und GUD 2. Diese Auslegung stützt sich im Wesentlichen auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Kassel in einem Revisionsverfahren, bei dem es in letzter Instanz um die Besetzung der ehrenamtlichen Magistratssitze der Stadt Frankfurt im Jahr 2006 ging. Zu entscheiden war hier zum einen die grundsätzliche Zulässigkeit von gemeinsamen Wahlvorschlägen bei der Wahl der ehrenamtlichen Magistratsmitglieder, die im Urteil klar bejaht wurde. Dabei weist das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich darauf hin, dass seine Entscheidung die Möglichkeit eröffnet, im Einzelfall die Besetzung des Magistrats durch Verdrängung einer anderen Fraktion manipulativ oder als unbeabsichtigte Nebenfolge zu beeinflussen. Es sieht dies jedoch nicht als schwerwiegende Einschränkung der gebotenen Chancengleichheit an.
Zum anderen stand die Anwendung der Mehrheitsklausel auf gemeinsame Wahlvorschläge zur Diskussion. Nur dieser Punkt war in Zwingenberg fraglich, konkret ging es um die Frage, ob die CDU/FDP-Liste auch ohne Koalitionsbildung die Mehrheitsklausel in Anspruch nehmen darf. Und hier sah die Sache nicht ganz so eindeutig aus, denn im verhandelten Frankfurter Fall hatten CDU und Bündnis 90/Die Grünen nicht nur einen gemeinsamen Wahlvorschlag eingereicht, sondern auch einen Koalitionsvertrag geschlossen. Vor diesem Hintergrund hatten SPD und GUD in Zwingenberg Zweifel an der zulässigen Anwendung der Mehrheitsklausel angemeldet.
Im o.g. Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Frage, ob für die Inanspruchnahme der Mehrheitsklausel ein Koalitionsvertrag geschlossen werden muss, nicht Gegenstand des Verfahrens. Es findet sich jedoch im Urteil eine Passage, nach der gemeinsame Wahlvorschläge einer Kooperation, die in Form einer Koalitionsvereinbarung formuliert werden kann, zulässig seien. Dieses kann wird von HSGB und Kommunalaufsicht dahingehend interpretiert, dass eine Koalitionsvereinbarung kein zwingendes Erfordernis sei und somit die Inanspruchnahme der Mehrheitsklausel durch CDU und FDP in Zwingenberg ohne Abschluss eines Koalitionsvertrages nicht zu beanstanden sei. Die Entscheidung zugunsten der Zwingenberger CDU/FDP-Liste bezieht sich damit insbesondere auf diese Kann-Formulierung.
Das mag eine juristisch korrekte Auslegung sein. Die Stellungnahmen von HSGB und Kommunalaufsicht zeigen jedoch, dass es sehr wohl berechtigt war, den Sachverhalt durch Fachleute überprüfen zu lassen. Hier von Fallstricken oder gar Gruben zu sprechen, die SPD und GUD angeblich gegraben hätten, ist daher völlig unangebracht. Denn wäre das Fehlen eines Koalitionsvertrags für CDU und FDP wirklich zum Fallstrick geworden, hätten sie den dann ja wohl selbst ausgelegt!
Nun bleibt zu hoffen, dass nach der inzwischen abgeschlossenen Konstituierung der neuen Stadtverordnetenversammlung und der Ernennung der neuen Magistratsmitglieder wieder Sachlichkeit im kommunalpolitischen Alltag unserer Stadt einkehrt und auch die Anpöbeleien ein Ende nehmen, denen sich einige Sozialdemokraten wegen angeblich schlechten Benehmens ausgesetzt sahen. Denn dass es richtig war, die Frage der Mehrheitsklausel offiziell klären zu lassen, wird inzwischen von allen Parteien bejaht.